Quick View: Wie sind nach Trumps Zollplänen globale Aktien einzuschätzen?
Die Kluft in der globalen Handelspolitik – wie sie Anleger in der jüngeren Geschichte noch nicht erlebt haben – verdeutlicht die Bedeutung eines globalen Anlageansatzes, der sich auf die Bewertung und die Fundamentaldaten der Unternehmen konzentriert, erklärt Portfoliomanager Julian McManus.
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Zentrale Erkenntnisse:
- Der Marktvolatilität, die auf Präsident Trumps neue, weitreichende Zollpläne folgt, spiegelt die ungewöhnliche Höhe der Abgaben und die Risiken wider, die sie für das Wirtschaftswachstum, insbesondere in den USA, darstellen.
- Dennoch sehen wir zahlreiche Beispiele für Unternehmen, die aufgrund ihrer Fundamentaldaten die kurzfristige Volatilität gut überstehen oder von politischen Veränderungen profitieren könnten.
- Anstatt die US-Aktien um jeden Preis ganz oben auf ihre Liste zu stellen, sollten die Anleger jetzt einen globalen Ansatz mit Fokus auf Bewertung und Free-Cash-Flow-Wachstum bevorzugen.
WICHTIGE INFORMATIONEN
Ausländische Wertpapiere unterliegen zusätzlichen Risiken, darunter Währungsschwankungen, politische und wirtschaftliche Unsicherheit, eine erhöhte Volatilität, eine geringere Liquidität sowie unterschiedliche Rechnungslegungs- und Berichtsstandards, die alle auf die Schwellenländer verstärkt zutreffen.
Fiskalpolitik bezeichnet die Politik, mit der ein Staat Steuersätze und Ausgaben festlegt. Unter fiskalischen Sparmaßnahmen versteht man Steuererhöhungen und/oder Ausgabenkürzungen in dem Versuch, die Staatsverschuldung zu senken. Expansionspolitik bezieht sich auf eine Erhöhung der Staatsausgaben und/oder eine Senkung der Steuern.
Freier Cashflow: Verfügbare Liquidität, die ein Unternehmen nach Berücksichtigung der laufenden Kosten und Investitionen erwirtschaftet hat. Diese Mittel kann das Unternehmen dann für Zukäufe, Dividenden oder den Schuldenabbau verwenden.
Volatilität: Das Tempo und das Ausmaß von Auf- und Abbewegungen der Preise und Kurse von Portfolios, Wertpapieren und Indizes. Wenn der Preis mit großen Bewegungen auf und ab schwankt, weist er eine hohe Volatilität auf. Wenn sich der Preis langsamer und in geringerem Maße bewegt, weist er eine geringere Volatilität auf. Je höher die Volatilität, desto höher das Risiko der Anlage.
Julian McManus: Diese politischen Maßnahmen sind höchst ungewöhnlich. Die Höhe der Zölle selbst geht weit über die allgemeinen Erwartungen hinweg, es stellen sich also viele die Frage: Wie lange? Wie dauerhaft werden diese Zölle sein? Und wie werden andere Länder darauf reagieren? Werden Sie eine Deeskalation versuchen oder antworten und wird es dann zu einer Eskalation kommen?
Damit haben die Märkte wirklich zu kämpfen, sowohl in Bezug auf das Nachvollziehen der Intensität als auch der Dauer der beobachteten Maßnahmen. Und sie versuchen auch zu erkennen, wo die Unternehmen die Auswirkungen abmildern können und ob die Unternehmen die Auswirkungen selbst absorbieren können oder in welchem Maße sie diese Preisanstiege auf die Verbraucher übertragen werden. Es dürfte also noch einige Zeit eine höhere Volatilität geben.
Die Anleger müssen sich jetzt besonders darauf konzentrieren, nicht in Panik zu geraten. Sie benötigen allerdings eine angemessene Asset-Allokation und müssen sich auf die Resilienz konzentrieren, und ein Ausgangspunkt ist die Preissetzungsmacht. Ob ein Unternehmen also Preissetzungsmacht hat, nehmen wir das Beispiel von TSMC, Taiwan Semiconductor. Nvidia oder Apple haben eigentlich keine andere Wahl für die Produktion ihrer modernen Chips der nächsten Generation für das iPhone oder die GPUs sowie ihre Rechenzentren für die KI. Da steht nur TSMC zur Wahl. Es ist das einzige, das die Mengen und den Preis sowie die Erträge bietet, die sie brauchen. Als die Zölle gestern Abend verkündet wurden, wurden die Halbleiterwerte abgestoßen und ich denke, dies ist ein guter Hinweis auf die sehr starke Marktposition und Preissetzungsmacht von einem Unternehmen wie Taiwan Semi. Das ist nur ein Beispiel, es gibt aber viele andere, wo die Unternehmen die Zollerhöhungen durch die Preise auf den Endkunden übertragen werden können, anstatt sie selbst zu absorbieren.
Ich denke, einige der aktuell aufkommenden Chancen darin bestehen, die guten von den schlechten abgestoßenen Unternehmen zu unterscheiden. Europäische Aktien beispielsweise: Wir haben Banken in Europa lange Zeitpositiv eingeschätzt, hauptsächlich aufgrund der vorgenommenen qualitativen Verbesserungen. In einer neuen Welt mit Zöllen, die am Rande inflationär sind, bedeutet dies wahrscheinlich höhere Zinsen. Das ist gut für europäische Banken. Das gleiche gilt für japanische Banken, die auch höchst zinssensitiv sind.
Darüber hinaus, auf einer höheren Ebene, ist jedoch eine weitaus aggressivere Reaktion der politischen Entscheidungsträger und Regierungen außerhalb der USA rund um die Stimulierung ihrer eigenen Wirtschaft wahrscheinlich. Im Falle von Europa hat Deutschland jüngst seine Schuldenbreme aufgehoben, eine fiskalpolitische Einschränkung, um mehr in das Militär und seine Infrastruktur investieren zu können. Das wird höchst expansiv sein. Und auch China hat sich dazu entschieden, sein Bankensystem zu rekapitalisieren und am Immobilienmarkt eine Untergrenze einzurichten, da dort die Luft herausgelassen wurde, und es wird neue Maßnahmen zugunsten der Wirtschaft in China geben. Als Reaktion darauf gibt es also zahlreiche Chancen.
Ich denke, dass die Unterscheidung zwischen kurz- und langfristig hilfreich ist. Kurzfristig ist dies meines Erachtens für die US-Wirtschaft von Nachteil, sowohl in Bezug auf das höhere Inflationsrisiko als auch das geringere Wachstum am Rande. Längerfristig sehe ich aber bei den USA viele Gründe, positiv zu denken, denn diese Zölle werden am Rande die Investitionen in die USA ankurbeln. Dies dürfte wohl nicht sofort geschehen, da wohl viele Geschäftsführer aktuell etwas unruhig und unsicher sind, und wahrscheinlich die Investitionsentscheidungen auf Eis legen. Autobauer wie Toyota haben jedoch beispielsweise hier den Bau von Batteriefabriken für ihre künftige Produktpipeline seit Langem geplant, weshalb es wahrscheinlich ist, dass sie diese Pläne des Baus von Fabriken hier in den USA beschleunigen werden. Ich denke also, dass dies längerfristig für die USA spricht. Ich denke, dass es mehr solcher Investitionen in den USA geben wird, wir sollten allerdings nicht die Rückkehr der Herstellung von Sneakers und Möbeln in baldiger Zukunft in die USA erwarten.
Um auf den „Exzeptionalismus der USA“ zurückzukommen, ich denke, dieser Ausdruck wurde wohl fehlgeleitet. Es war ein verteidigender Begriff als Erklärung, warum der US-Markt der Schwerkraft trotzen und einen weiteren Anstieg der Multiples verzeichnen sollte, während es auf internationaler Ebene das Gegenteil war. Dies wurde so überzogen, dass es nicht mehr haltbar war. Es wurde jedoch größtenteils durch passive Kapitalströme und der Dynamik folgende Anleger angetrieben, die den Trend noch verstärkten. Und nun gibt es eine spektakuläre Auflösung. Manche haben begonnen den Begriff „Exzeptionalismus Europas“ zu verwenden. Und ich denke, dass auch dies ein Fehler ist. Ich denke, man muss fundamental sein, die Bewertungen genau betrachten und das Wertpotenzial im Vergleich zum Wachstum des freien Cashflow sehen, und genau auf das konzentrieren wir uns stets.