Können Versorger das Problem der Speicherung erneuerbarer Energien lösen?
Research Analyst Noah Barrett befasst sich mit den weitreichenden Auswirkungen bei der Suche nach großen, langfristigen Energiespeichern.
6 Minuten Lesezeit
Zentrale Erkenntnisse:
- Mit dem Anstieg der erneuerbaren Energien stehen die Versorger aufgrund der intermittierenden Art von Wind- und Solarenergie und des Fehlens einer praktikablen großen, langfristigen Energiespeicherlösung vor einer Grenze für die Integration erneuerbarer Energien.
- Der Mangel an Langzeitspeichern kann die Dekarbonisierungsbemühungen verlangsamen, den Ausbau erneuerbarer Energien begrenzen und die Netzstabilität gefährden. Die vollen Auswirkungen hängen jedoch stark von potenziellen bahnbrechenden Innovationen, den Prioritäten der Versorger und dem möglichen Wachstum der Stromnachfrage ab.
- Die Anleger könnten ein diversifiziertes Engagement in großen Versorgern in Betracht ziehen, die bei der Entwicklung erneuerbarer Energien führend sind und bei Investitionen in Speicherlösungen der nächsten Generation an vorderster Front stehen, während sie gleichzeitig anerkennen, dass die Suche nach der ultimativen Speicherlösung ein langfristiger Prozess sein könnte.
Das rasante Wachstum erneuerbarer Energiequellen wie Wind- und Solarenergie hat eine entscheidende Herausforderung in den Vordergrund gerückt: Wie kann diese intermittierende Energie effektiv gespeichert und verteilt werden? Während die Versorger mit dem zunehmenden Lastanstieg zu kämpfen haben und auf Netto-Null-Dekarbonisierungsziele hinarbeiten, stehen sie vor einer drängenden Frage: Wie viel erneuerbare Energie können sie integrieren, bevor sie an praktische Grenzen stoßen?
Die Grenze für die Integration erneuerbarer Energien
Wenn man unsere Gespräche mit Versorgern an verschiedenen Standorten als Grundlage nimmt, liegt die Grenze für die Durchdringung erneuerbarer Energien in ihrem Energiemix ohne wesentliche Speicherlösungen oder wesentliche Verbesserungen der Netzkupplungen irgendwo zwischen 30% und 40%. Jenseits dieser Schwelle bringt die Intermittenz von Wind- und Solarenergie so langsam Herausforderungen mit sich.
Obwohl die Pläne unterschiedlich ausfallen, streben viele Versorger bis Anfang der 2030er Jahre einen Anteil von 70 bis 80% an erneuerbaren Energien an. Während der Anteil erneuerbarer Energien in bestimmten Gebieten wie Texas und Kalifornien bereits hoch ist, stehen die US-Bundesstaaten im mittleren Atlantik, Nordosten und pazifischen Nordwesten vor größeren Hürden bei der Erreichung dieser Ziele, da die Wind- und Sonnenstromerzeugung angesichts der Wetterbedingungen in diesen Regionen weniger intensiv ist.
Die schwer fassbare Lösung für die Langzeitspeicherung
Seit über einem Jahrzehnt sind Langzeitbatteriespeicher im Versorgungsmaßstab der heilige Gral für die zunehmende Verbreitung erneuerbarer Energien. Im Idealfall speichert diese Lösung Strom für mehr als 24 Stunden und vorzugsweise bis zu einer Woche. Trotz kontinuierlicher Forschung hat sich jedoch noch keine wirtschaftlich tragfähige Option herauskristallisiert, die in dem Umfang funktioniert, der für die Stromversorgung ganzer Städte oder Regionen erforderlich ist.
Aktuelle Speicherlösungen funktionieren oft gut in kleinem Maßstab, haben aber Schwierigkeiten, wenn sie vergrößert werden. Es kann sein, dass die Physik nicht funktioniert oder die Kosten unerschwinglich werden. Während bahnbrechende Entwicklungen bei Technologien wie Festkörperbatterien, Natriumbatterien oder Wasserstofflösungen gelegentlich Schlagzeilen machen, sind sie oftmals nicht in der Lage, eine Großstadt bei längeren Stromausfällen oder längeren Perioden geringer Erzeugung von erneuerbarer Energie mit Strom zu versorgen.
Eine bessere Speicherung ist in zweierlei Hinsicht erforderlich: zur Vorbereitung auf mehrtägige Defizite bei der Erzeugung erneuerbarer Energien und zur Reduzierung von Abfall. In bestimmten Regionen, wie z. B. in Kalifornien, bleibt überschüssige erneuerbare Energie, die in Spitzenzeiten erzeugt wird, aufgrund fehlender Speicherkapazitäten ungenutzt.
Kurzfristige Lösungen und alternative Technologien
Trotz dieser Herausforderungen investieren die Versorger große Summen in die Energiespeicherung. Der Weltmarkt hat sich im vergangenen Jahr fast verdreifacht und ist auf dem besten Weg, im Jahr 2024 erstmals die Marke von 100 Gigawattstunden an Kapazität zu überschreiten (Abbildung 1). Große regulierte Versorger wie NextEra, Xcel und AES sind führend beim Ausbau von Speichern für das Stromnetz.
Abbildung 1: Jährlicher Ausblick für globale Speicheranlagen nach Regionen
Quelle: BloombergNEF, 1H 2024 Energy Storage Market Outlook, 25. April 2024. Hinweis: RoW = Rest der Welt; EMEA = Europa, Naher Osten und Afrika; AMER = USA, Kanada, Lateinamerika; APAC = Asien-Pazifik; Puffer = Spielraum, der einer Anwendung nicht explizit zugewiesen wird.
Aktuelle Modelle verwenden in der Regel Lithium-Ionen-Batterien, die Strom lediglich zwei bis vier Stunden halten können. Diese kurzfristigen Lösungen helfen dabei, Schwankungen innerhalb eines Tages zu bewältigen – sie speichern Strom in Spitzenzeiten zur Erzeugung erneuerbarer Energien und speisen ihn bei hoher Stromnachfrage wieder in das Netz ein –, berücksichtigen aber nicht längerfristige Stromdiskrepanzen oder die Rückfallplanung.
Da Versorger erkennen, dass Lithium-Ionen-Batterien wahrscheinlich nicht die ultimative Lösung für ihren langfristigen, groß angelegten Speicherbedarf sind, gewinnen alternative Technologien an Aufmerksamkeit. Durchflussbatterien und Natrium-Ionen-Batterien verwenden beispielsweise günstige, reichlich vorhandene Materialien, die möglicherweise die mit Lithium verbundenen Beschaffungs- und Verfügbarkeitsprobleme lösen. Während sie aufgrund ihres Gewichts und ihrer Größe für Elektrofahrzeuge nicht in Frage kommen, könnten sie sich gut für die stationäre Speicherung eignen.
Wasserstoff ist eine weitere häufig angesprochene Option, auch wenn sein Versprechen schon seit „10 Jahren im Raum steht“. Die größten Hindernisse für eine breite Einführung dieser Technologien sind Kosten und Effizienz. So muss beispielsweise die Produktion von grünem Wasserstoff konstant und im Rahmen einer hohen Betriebszeit vorgenommen werden, um wirtschaftlich rentabel zu sein, was eine Herausforderung darstellt, wenn man sich intermittierende erneuerbare Energiequellen speichern möchte.
Folgen und mögliche Szenarien
Der Mangel einer praktikablen langfristigen Energiespeicherlösung hat weitreichende Folgen:
1. Die Versorger müssen möglicherweise die Stilllegung von Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen verschieben und sich stärker auf Erdgas als kurzfristige Lösung verlassen, indem sie möglicherweise neue Gaskraftwerke bauen. Dies könnte zwar den Fortschritt bei der Erreichung der Dekarbonisierungsziele verlangsamen, würde aber dazu beitragen, die Zuverlässigkeit des Netzes zu gewährleisten, da der Strombedarf durch das Wachstum der KI-Rechenzentren und den Übergang zu einer stärker elektrifizierten Wirtschaft in den kommenden zehn Jahren steigen wird.
Wenn regulierte öffentliche Versorger dem Erreichen von Netto-Null-Zielen Vorrang vor dem Bau neuer Gaskraftwerke einräumen, könnte der Strom möglicherweise vom privaten Sektor erzeugt werden. Alternativ könnten die Strompreise steigen, was das Wachstum der Rechenzentren verlangsamen und die Stromnachfrage wieder auf ein überschaubareres Niveau bringen könnte.
2. Der Ausbau von Wind- und Solaranlagen kann auf Einschränkungen stoßen, da die Netzbetreiber Schwierigkeiten haben, intermittierendes Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen. Dies könnte das Tempo der Einführung erneuerbarer Energien in einigen Regionen verlangsamen.
Darüber hinaus könnten sich die Installationen in Regionen mit einer Fülle an erneuerbaren Energien und negativen Strompreisen verlangsamen. Der Ausbau erneuerbarer Energien könnte das Problem der Übersättigung in diesen Regionen verschärfen, wenn sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Entwickler nicht vorteilhaft entwickeln.
3. Rechenzentren, die durchgehend Strom benötigen und Big-Tech-Kunden mit ehrgeizigen Nachhaltigkeitszielen haben, können alternative Optionen wie kleine Kernreaktoren untersuchen, um ihren Energiebedarf zu decken und gleichzeitig Nachhaltigkeitsverpflichtungen einzuhalten.
4. Die Netzstabilität wird ohne ausreichende Speicherkapazitäten schwieriger, was zu einer erhöhten Volatilität auf den Strommärkten und zu Zuverlässigkeitsproblemen in längeren Zeiträumen mit geringer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien führen kann.
Anreize könnten weitere Innovationen ankurbeln
Die Zukunft der Speicherung erneuerbarer Energien ist zwar noch ungewiss, aber die Anreize für die Entwicklung und Implementierung großer, langfristiger Speicherlösungen dürften zunehmen. Da Versorger und Technologieunternehmen auf Lösungen drängen und die Häufigkeit und Dauer von Stromausfällen mit zunehmender Häufigkeit von Extremwetterereignissen zunehmen dürfte, werden Innovationen in diesem Bereich von entscheidender Bedeutung sein.
Für die Anleger stellt der Markt für Energiespeicherung eine komplexe Landschaft mit sehr wenigen reinen Public Equity-Anlagemöglichkeiten dar. Zahlreiche Unternehmen befinden sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium und stehen vor Herausforderungen bei der Rentabilität, vor allem barmittelintensive Unternehmen in einem Hochzinsumfeld. Die Branche kann zudem volatil und von staatlicher Unterstützung abhängig sein, weshalb sie sich potenziell besser für diversifizierte Portfolios eignet.
Wir gehen davon aus, dass größere Versorger, die bei der Entwicklung erneuerbarer Energien führend sind, wie NextEra, AES und Iberdrola, den langfristigen Fortschritt bei der Energiespeicherung vorantreiben werden. Obwohl sie reguliert sind, stehen sie an der Spitze des aktuellen Speicherausbaus und investieren in Speichertechnologien der nächsten Generation wie Wasserstoff.
Wir glauben, dass die Energieversorger das Problem der Speicherung erneuerbarer Energien letztendlich lösen können. Trotz ihrer Fortschritte bleibt der heilige Gral der Energiespeicherung jedoch vorerst außer Reichweite.
WICHTIGE INFORMATIONEN
Die Energiebranche kann durch Schwankungen der Energiepreise, des Angebots an und der Nachfrage nach Kraftstoffen, durch Umweltschutzmaßnahmen, den Erfolg von Explorationsprojekten sowie durch steuerliche und andere staatliche Regelungen erheblich beeinflusst werden.
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