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KI: Es hat lange gedauert und es liegt noch ein weiter Weg vor uns

Im ersten Teil einer dreiteiligen Serie untersuchen die Portfoliomanager Denny Fish und Investmentstratege Michael McNurney, wie künstliche Intelligenz (KI) schnell eine dominante Stellung in der Anlagelandschaft eingenommen hat und was dies für die Weltwirtschaft und die Aktienmärkte bedeutet.

Denny Fish

Denny Fish

Portfoliomanager | Research-Analyst


Michael McNurney

Michael McNurney

Spezialist für Aktienanlagen


21. Juni 2024
7 Minuten Lesezeit

Zentrale Erkenntnisse:

  • Die schnelle Verbreitung von KI definiert die Art und Weise, wie Menschen mit der Technologie interagieren, neu und kann zu einem Produktivitätsschub führen, wie er seit der industriellen Revolution nicht mehr zu beobachten war.
  • Möglich wurde die Einführung der generativen KI (GenKI) durch das Zusammentreffen einer Reihe leistungsstarker Technologiethemen, darunter Cloud Computing, erhöhte Rechenleistung und eine beispiellose Menge gespeicherter Daten, die zur Analyse zur Verfügung stehen.
  • Zahlreiche Branchen sind direkt am Einsatz von KI beteiligt, darunter Halbleiterhersteller, internetbasierte KI-Plattformen und spezialisierte Softwareunternehmen.

In den rund 18 Monaten seit der Veröffentlichung von ChatGPT durch Open AI ist künstliche Intelligenz (KI) zu einem unvermeidlichen Gesprächsthema in der Investment-Community, in den Vorstandsetagen von Unternehmen und in politischen Kreisen geworden. Angesichts dieser Aufmerksamkeit stellen sich manche vielleicht die Frage: Ist KI wirklich so eine große Sache? Unsere Antwort ist ein klares „Ja“.

Die Gründe hierfür sind vielfältig. Auf höchster Ebene verändert KI unserer Ansicht nach für immer die Art und Weise, wie Menschen und Unternehmen mit der Technologie interagieren. Aus konjunktureller Sicht könnte es sich um den größten Produktivitätssteigerer seit der industriellen Revolution vor über 200 Jahren handeln. Und schließlich erwarten wir im Hinblick auf den Arbeitsplatz und den Aktienmarkt, dass KI den Gewinnen Rückenwind verleiht, da die Unternehmen sie mit dem Ziel einsetzt, Kosten zu senken, Umsätze zu generieren und in vielen Fällen auch neue Produkte zu entwickeln.

Künstliche Intelligenz verfügt über das Potenzial, den stärksten Antrieb für die Produktivität seit der industriellen Revolution vor über 200 Jahren darzustellen.

Auf den Schultern von Riesen

Das Auftauchen von ChatGPT mag wie ein Blitzeinschlag erschienen sein, doch die Entwicklung des Konzepts und der Vorgängertechnologien der KI dauerte Jahrzehnte. Tatsächlich stellte der berühmte Mathematiker Alan Turing schon vor über 70 Jahren die Frage, ob Computer irgendwann einmal selbst denken könnten.

Im Laufe der Jahrzehnte stieg die Rechnungsleistung und die Algorithmen wurden immer ausgefeilter. Computeranwendungen konnten dadurch immer komplexere Aufgaben ausführen, die man tatsächlich als Schritte hin zum Denken betrachten konnte. Programme wie Big Blue von IBM – das den Schachmeister Gary Kasparow besiegte – reagierten jedoch größtenteils auf Szenarien, für deren Bewältigung sie programmiert worden waren.

Die von ChatGPT veranschaulichten Fortschritte sind großen Sprachmodellen (LLM) und GenKI zu verdanken. Diese sich ergänzenden Technologien ermöglichen leistungsstarke Algorithmen zur Analyse riesiger Datensätze. LLM erstellt erweiterte voraussagende Texte, während GenKI Originalinhalte auf der Grundlage eigener Schlussfolgerungen aus Datenquellen erstellen kann, anstatt vordefinierte Hinweise aus menschlichen Eingaben zu übernehmen. Chatbots wie ChatGPT sind jedoch nur ein Beispiel für die KI-gestützten Funktionen, die in den kommenden Jahren in der gesamten Weltwirtschaft zum Einsatz kommen werden.

Warum jetzt KI?

Die zum Trainieren von KI-Plattformen verfügbaren Parameter sind exponentiell gewachsen, ebenso wie die Fähigkeiten der Prozessoren, diese riesigen Datensätze zu analysieren und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen.

Anzahl der von KI-Sprachmodellen verwendeten Parameter

Quelle: Karl Rupp. „40 Years of Microprocessor Trend Data.“

Dass das Versprechen der KI erst jetzt eingelöst wird, ist kein Zufall. Dies ist auf das Zusammentreffen mehrerer wesentlicher Faktoren zurückzuführen: Erstens ist eine beispiellose Menge verfügbarer Daten vorhanden, was unter anderem der Verbreitung des Internets und den Speicherkapazitäten der Cloud zu verdanken ist. Zweitens gibt es die Fähigkeit hochmoderner Grafikprozessoren (GPUs) und anwendungsspezifischer integrierter Schaltungen (ASICs), diese Daten systematisch aufzunehmen und die darin enthaltenen Informationen bestmöglich einzusetzen. Drittens gibt es die Fortschritte bei Speicherchips. Und viertens dann zunehmend ausgefeiltere und spezialisierte Softwareanwendungen, die Plattformen für den Einsatz von KI bieten.

Generative KI stellt den jüngsten Schritt in diesem Prozess dar. Sie wurde zwar schon lange erwartet, ein wahres Verständnis ihrer Fähigkeiten und Anwendungsfälle kann jedoch erst nach ihrer Einführung erreicht werden. Dies folgt dem Muster früherer Fortschritte im Bereich KI, darunter analytische Anwendungen, die Muster in großen Datensätzen finden, Probleme diagnostizieren und voraussagende Analysen liefern konnten.

Als nächstes gab es das maschinelle Lernen, mit dem die aus diesen Analysen gewonnenen Erkenntnisse umgesetzt werden konnten. Auch wenn wir gerade erst beginnen, die Leistungsfähigkeit der GenKI zu verstehen, erkennen wir bereits, dass die nächste Stufe ihrer Entwicklung in der künstlichen allgemeinen Intelligenz (AGI) liegt, die eines Tages möglicherweise in der Lage sein wird, wie ein Mensch zu lernen und Schlussfolgerungen zu ziehen.

Zugegeben, die Fähigkeit von KI-Algorithmen, Daten zu durchforsten, Verbindungen herzustellen, Schlussfolgerungen zu ziehen und, wenn dazu aufgefordert, Hypothesen zu testen und zu Schlussfolgerungen zu gelangen, ist möglicherweise nicht mit der menschlichen Denkweise vergleichbar. Doch die Fähigkeit der KI, große Datensätze schnell zum Erreichen dieser Ziele zu nutzen, macht sie zu einer wirkungsvollen Ergänzung für Arbeitnehmer in zahlreichen Berufen und Rollen.

Vor diesem Hintergrund kann KI sowohl als eigenständiges langfristiges Thema als auch als Kulmination anderer Themen betrachtet werden, die wir im Laufe der Jahre verfolgt haben, darunter die Cloud, das Internet der Dinge und die Mobilität. Ihre Konvergenz stellt aus unserer Sicht einen Generationswechsel in der Computertechnologie dar, vergleichbar mit dem Übergang von Großrechnern zu Servern und PCs oder in jüngerer Zeit mit der Einführung des Internets und der Mobilität.

Die Konvergenz von Rechenleistung und Big Data

Verantwortlich für die Entstehung der GenKI sind internet- und cloudbasierte Big Data sowie die erweiterte Rechenleistung von GPUs und ausgefeiltere Algorithmen.

Quelle: Janus Henderson Investors.

KI-Anwendungen: Ein Überblick

Angesichts des großen Aufsehens auf dem Markt rund um die KI fragen sich die Anleger vielleicht, ob sie den Anschluss an dieses Thema verpasst haben. Die Entstehung einer transformierenden Technologie wird oft von einem Hype begleitet, und mit dem Hype geht eine Menge Lärm einher. Dennoch glauben wir, dass ein einzigartiges Merkmal der KI die große Bandbreite an Akteuren über Branchen und Wertschöpfungsketten hinweg ist, denen sie nachhaltige Vorteile bieten kann.

Die vielleicht grundlegendsten Nutznießer der KI sind die unterstützenden Unternehmen – jene, die die GPUs und Investitionsgüter produzieren, die für die Schaffung der physischen Infrastruktur erforderlich sind, die dem KI-Ökosystem zugrunde liegt.

Als nächstes kommen die KI-Entwickler. Hierzu zählen die Unternehmen, die bereits KI-Plattformen veröffentlicht haben, etwa die großen Internetakteure und Cloud-Dienstleister, die über enorme Datensätze verfügen. Manche Entwickler ergänzen mit der KI ihre eigenen Geschäftsmodelle, andere wiederum sehen sie als eine Geschäftseinheit im Dienste der Kunden. Zu den weiteren Entwicklern zählen Software-as-a-Service-Anbieter (SaaS), die KI zur Stärkung ihres Produktangebots nutzen, und Softwareunternehmen, die sich auf bestimmte Branchen konzentrieren.

Während KI in der DNA dieser Beispiele verankert ist, lässt sich die Liste potenzieller Nutznießer um Unternehmen aus allen Branchen erweitern, die die Möglichkeit haben, die KI einzusetzen, um positive Geschäftsergebnisse zu erzielen.

Neben den Auswirkungen der KI auf die Unternehmenslandschaft – von denen viele noch gar nicht absehbar sind – sollten die Anleger, die befürchten, zu spät auf den KI-Zug aufzuspringen, folgenden Merksatz im Hinterkopf behalten: Das Ertragspotenzial technologischer Durchbrüche wird kurzfristig typischerweise überschätzt, auf lange Sicht jedoch erheblich unterschätzt.

Mit KI ist es wahrscheinlich genauso. Während Innovatoren und Early Adopters bereits identifiziert wurden, sind sich die Anleger – und oft auch die Unternehmen selbst – noch immer nicht im Klaren über die vollen Auswirkungen, die KI auf verschiedene Sektoren, Geschäftsmodelle und Funktionen haben wird. Wir sind jedoch überzeugt, dass es wie auch bei anderen innovativen Durchbrüchen auch hier Vorreiter und Nachzügler geben wird. Letztere laufen Gefahr, aus dem Rennen geworfen zu werden, weil sie das Ausmaß des disruptiven Potenzials der KI nicht erkennen.

Der Fortschritt

Während sich die Anleger auf die Early Adopter von KI konzentrieren, sind wir davon überzeugt, dass sich die kommerziellen und investitionsbezogenen Auswirkungen dieser Technologie zum größten Teil erst noch zeigen werden.

Quelle: Janus Henderson Investors.

Das große Ganze

Der hier dargelegte Kontext konzentriert sich darauf, wie sich KI auf die Unternehmenslandschaft auswirken kann. Um jedoch das Ausmaß zu erfassen, in dem diese revolutionäre – im Gegensatz zu einer evolutionären – Kraft die Weltwirtschaft beeinflussen könnte, muss man sich die Hypothesen von Analysten, Ökonomen und Politikern vor Augen führen.

Zahlreiche Anlageexperten glauben, dass KI durch die Steigerung der Produktivität das Wirtschaftswachstum, die Löhne, die Inflationsrate und sogar die Zinssätze beeinflussen könnte. Auf den Finanzmärkten wird sich die Fähigkeit der Unternehmen, KI effektiv einzusetzen, auf ihren Aktienkurs auswirken, und die zuvor erwähnten konjunkturellen Auswirkungen der KI werden für Anleiheinvestoren eine Überlegung wert sein. Das Fazit lautet, dass nur sehr wenige Bereiche der Weltwirtschaft immun gegen die Einführung von KI sind.

Im nächsten Teil werden wir uns die KI-Anwendungen am Arbeitsplatz sowie die einzelnen Branchen genauer ansehen, die am wahrscheinlichsten zu diesem großen technologischen Fortschritt beitragen – und davon profitieren.

 

WICHTIGE INFORMATIONEN

Technologiebranchen können durch das Obsoletwerden bestehender Technologien, kurze Produktzyklen, fallende Preise und Gewinne, Wettbewerb durch neue Marktteilnehmer und das allgemeine Konjunkturumfeld erheblich beeinträchtigt werden. Ein konzentriertes Investment in einer einzelnen Branche kann stärkeren Wertschwankungen unterliegen als dies bei weniger konzentrierten Anlagen und am Gesamtmarkt der Fall ist.

Die vorstehenden Einschätzungen sind die des Autors zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und können von den Ansichten anderer Personen/Teams bei Janus Henderson Investors abweichen. Die Bezugnahme auf einzelne Wertpapiere stellt keine Empfehlung zum Kauf, Verkauf oder Halten eines Wertpapiers, einer Anlagestrategie oder eines Marktsektors dar und sollten nicht als gewinnbringend angesehen werden. Janus Henderson Investors, die mit ihr verbundenen Berater oder ihre Mitarbeiter haben möglicherweise eine Position in den genannten Wertpapieren.

 

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für die künftige Wertentwicklung. Alle Performance-Angaben beinhalten Erträge und Kapitalgewinne bzw. -verluste, aber keine wiederkehrenden Gebühren oder sonstigen Ausgaben des Fonds.

 

Der Wert einer Anlage und die Einkünfte aus ihr können steigen oder fallen. Es kann daher sein, dass Sie nicht die gesamte investierte Summe zurückerhalten.

 

Die Informationen in diesem Artikel stellen keine Anlageberatung dar.

 

Es gibt keine Garantie dafür, dass sich vergangene Trends fortsetzen oder Prognosen eintreten.

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